Freie Texterin und Autorin

MELANIE

WILDT

Blog

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15.11.2023

Lesedauer: 5 min

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KI ... hihi? Humor und künstliche Intelligenz

AI wie ChatGPT und andere Sprachmodelle (Large Language Models) können ganz schön viel – vor allem Angst und Schrecken unter Arbeitnehmern verbreiten. Aber wie bei der FDP stehen die Future Moneymachines trotz Big Data ziemlich dumm da, wenn es darum geht, Emotionen glaubhaft zu transportieren oder zu erreichen, dass es was zu lachen gibt – außer für sie selbst in irgendwelchen Server-Kellern. Ich habe mir deswegen mal angeschaut, wie es momentan aussieht im spannenden Spannungsfeld: Humor und künstliche Intelligenz (KI) .

Was passiert, wenn ChatGPT einen Witz erzählen soll?

Was ist überhaupt ein Witz?

Was ist witzig?

Gesunder KI-Verstand?

Experimente mit KI und Humor

Fazit

Ich war neulich auf Bumble, (das ist eine Dating-App). Da gibt es neben der offensichtlichen Dating-Option unter anderem auch die Möglichkeit, auf Business-Kontaktsuche umschalten: von Bumble Date auf Bumble Bizz. Da ein Hamburger-Menü bei mir in der Regel reicht, um eine strikte Trennung von Privatem und Beruflichem aufzuheben, habe ich natürlich gleich mal draufgeklickt und reingeschaut.

Nicht wirklich wissend, wie unseriös es eigentlich in meinem Leben noch werden kann, habe ich aber schließlich mit einem zufällig gut aussehenden Grafikdesigner gebumblebizzmatcht. Seine erste Frage: Wie sich denn die Stimmung in meinem Arbeitsbereich in Zeiten von KI wie ChatGPT gestaltet. Danke der Nachfrage, Tim. Die Stimmung ist gut bei den Li-La-Launebären des Marketings.

Natürlich ist Tim nicht der erste Mensch, der mir diese Frage stellt. Der erste Mensch war ich selbst – und es war ein gutes Gespräch. Denn auch wenn die Zukunft der Packungsbeilagen-Texter, Ghostwriter für Bachelorarbeiten und Infobroschürenverfasser vielleicht düster aussehen mag: Ich habe da noch ein Ass im Ärmel.

ChatGPT: Alte Witze, schlecht erzählt

Ist künstliche Intelligenz in der Lage, Humor zu generieren? Die Antwort lautet: Ja. Also genauso, wie ein Witzebuch oder ein Bildzeitungsleser irgendwelche mehr oder weniger gelungenen Pointen reproduzieren kann. Also Witze machen im Sinne von: einen Witz erzählen, das ist drin. Um ganz genau zu sein, kennt ChatGPT 3 momentan sage und schreibe 25 Stück davon.

Forschende aus Darmstadt und Köln haben ein Paper mit dem Namen “ChatGPT is fun, but it is not funny!” veröffentlicht. Darin legen sie die Ergebnisse einer Studie dar, in der sie untersucht haben, was passiert, wenn man ChatGPT bittet, mal einen rauszuhauen. Das Ergebnis: Die KI erzählte 1008 Mal die gleichen 25 Witze in abgewandelter Form – manchmal mit komplett ruinierter Pointe und immer im Rahmen einer Frage-Antwort-Mechanik. So wird dann aus den Klassikern

Why did the chicken cross the road?

To get to the other side.

und

Why did the cow go to outer space?

To see the moooon.

das hier:

Why did the chicken go to outer space?

To see the moon.

Belastend, wie Susanne Daubner sagen würde.

Jetzt könnte man die Sache natürlich so drehen und sagen: Der Witz ist so schlecht, dass er, in dem Kontext, schon irgendwie lustig ist. Meinetwegen. Künstliche Intelligenz wegen ihrer Inkompetenz auszulachen, damit kann ich (weiter) arbeiten.

Suchanfrage: Wo ist der Witz?

Dass die Geschmäcker in Sachen Humor auseinandergehen, ist klar. Alter, Sozialisierung, Bildung, Geschlecht und andere Faktoren beeinflussen, über welche Themen, und ob wir beispielsweise eher über Ironie, Schadenfreude, Wortwitze, bildlichen Humor oder auch stumpfes Stereotypen-Bashing lachen.

Ob ein Witz funktioniert, ist aber so gut wie immer abhängig vom Element of Surprise in einem vertrauten Kontext. Ein nicht vorhersehbarer Bruch mit Erwartungen, Vernunft, Normen oder Logik.

Und das Huhn auf dem Mond? Unerwartet, unlogisch, unwahrscheinlich: Erfüllt irgendwie wie schon ein paar Kategorien. Und ist trotzdem einfach nicht lustig. Denn: Die Regeln der Kunst sind bei Humor häufig die Ausnahme.

Kennst Du den schon?

“Ein Mantafahrer fährt rückwärts einen Berg hoch. Ein Polizist hält ihn an und fragt, was das soll. Da sagt der Mantafahrer: "Da oben wohnt meine Perle und die hat gesagt, da wäre kein Platz zum wenden. Deswegen fahr ich schon mal rückwärts rauf, dann kann ich vorwärts wieder runterfahren." Nach zwei Stunden sieht der Polizist den Mantafahrer den Berg hinunterfahren, wieder rückwärts. Auf die erneute Nachfrage sagt der Mantafahrer: "Meine Perle hat mich verarscht, da konnte man doch wenden!"

Mal abgesehen von den blöden Klischees: Auch unerwartet, unlogisch, unwahrscheinlich - aber schon lustiger, als das Spacehühnchen. Finde ich. Aber warum?

Was macht einen Witz witzig?

Humor ist, unter vielen Aspekten, kulturell und komplex. Beides zeigt sich ganz wunderbar beispielhaft in Tatsache, dass ein Deutsches Institut für Humor existiert. Während wir das vielleicht höchstens ein bisschen überflüssig finden, würde sich ein britisches Publikum wahrscheinlich direkt einpinkeln vor Lachen.

Wie der Spacechicken / Mantafahrer Vergleich zeigt: Selbst die Funktionsweise des geplanten, reproduzierenden Erzählwitzes lässt sich nicht wirklich objektiv so richtig aufschlüsseln. Um jetzt außerhalb dessen, also quasi in der freien Marktwirtschaft des Humors, einen Joke zu landen, also witzig zu sein, muss deutlich mehr Aufwand betrieben werden. Es handelt sich dabei um ein wesentlich kreativeres, situatives und empathisches Phänomen. Mimik, Wortwahl oder der Feuilleton: Die exakt gleiche Aussage kann mindestens 1008 verschiedene Beigeschmäcker bekommen, je nach äußeren Umständen.

Man könnte also sagen: It’s complicated, das sagt auch die Wissenschaft. Was hingegen jeder weiß: Gekonnt angewendet Humor, der bei einer bestimmten Gruppe den Nerv trifft, ein mächtiges Instrument. So mächtig, dass es zu heftigen körperlichen Reaktion führen kann.

Kleiner Exkurs: Was passiert eigentlich, wenn wir lachen?

Ihr wisst schon: Wenns richtig dicke kommt, entgleitet einem alles. Man muss sich wegdrehen, vorbeugen oder die Hand vors Gesicht halten. Tränen laufen aus den Augen, das Bier durch die Nase, manchmal kommt es zu unkontrollierten Tiergeräuschen oder atemloser Stille. Was unser Bewusstsein und unser Körper in diesem Moment erleben, ist so etwas wie eine kleine Paralyse, ein Schockzustand. Was uns schockt? Das Element of Surprise! Diese Zäsur in unserer Wahrnehmung durch unerfüllte Erwartungen füllt unser Gehirn mit einem “metaphysischen Niesen” – so nennt es Nuar Alsadir in ihrem Buch “Animal Joy”. Das ist das Lachen, anders als das soziale “Haha”, bei dem die Überraschung, warum auch immer, geglückt ist.

Exkurs-Sidenote: Es gibt in der Theatersprache den Begriff “Corpsing”. Der beschreibt genau dieses Phänomen des Kontrollverlustes, ein psychologischer Glitch – allerdings bei Schauspielern im schlimmsten Moment – wenn sie gerade eine Leiche (also einen Corpse) spielen. Wer, wie ich, schon einmal einen Lachkrampf in einer Schweigeminute hatte, weiß Bescheid.

KI und Zwischentöne: Topfschlagen im Minenfeld

Was auch immer diese Reaktion, also das echte Lachen, bei einer Person auslöst (menschenfeindlicher und diskriminierender Bullshit mal ausgenommen): Lachen ist ja erst einmal voll schön – und ich will mich auch überhaupt nicht jovial darüber äußern, was der Humor über eine Person aussagt.

Ich lache zum Beispiel auch gern über Deine-Mutter-Witze. Aber anders als jemand, der wirklich irgendjemandes Mutter beleidigen will. Ich lache darüber, wie profan es ist, ihn als rhetorisches Mittel zu nutzen und jemanden damit in eine unterlegene Position zu herabsetzen zu wollen, indem man sich in der Regel, völlig frei, eine Adipositas der Mutter ausdenkt, die folglich nicht den Schönheitsnormen entspricht und deshalb auf der Toilette schwitzt. (Aber ich hab ja auch einen Bachelor (of Arts!) und bin ziemlich Meta unterwegs.

Du, der oder die das gerade lesen, hoffentlich auch.)

Das alles bringt mich zu meinem nächsten sehr wichtigen Punkt. Die Mechanik eines Witzes mal dahingestellt – es ist oft enorm relevant, wer den Witz macht und wer lacht. Wenn ich, Melanie Wildt, mich beispielsweise in meiner ganzen weiß-privilegierten Pracht auf eine Bühne stellen würde, und ein Comedyprogramm über People of Colour von Dave Chapelle zum Besten geben würde, würden auch einige lachen – aber nicht die Gleichen und aus anderen Gründen. Einige bestimmt, weil ich dann bis ans Ende meines Lebens eine Brille mit Nase und Bart tragen müsste.

Und jetzt auch das noch: Das Internet als primäre Datenquelle. Rassismus, Sexismus, Dummheit oder einfach ein künstlicher Mangel an Feingefühl: Es lässt sich nur erahnen, wie brenzlig hoch das Fuck-Up Potential bei KI-generierten Texten ist, die lustig sein sollen.

Humor und künstliche Intelligenz (KI): Oh, absurdes Internet

Wir halten fest: Wenn es darum geht, Humor zu systematisieren, gibt es nicht viel zum Festzuhalten. Und das wiederum ist eine ganz schwierige Datenlage. Und schwierige Datenlagen sind für KI’s natürlich ein Problem.

Das heißt nicht, dass es nicht versucht wurde:

Es gibt ein komplett KI-generiertes Comedy Programm, also ein Avatar, das language-gemodelte Jokes vorträgt.

Es gibt ein New Yorker Comedy Ensemble, das sich ganz viel Mühe gibt, sich von einem Jerry Seinfeld-Bot “roasten” zu lassen.

Es gibt einen humanoiden Roboter namens Erica, der gelernt hat, mit einzustimmen, wenn das humane Gegenüber lacht.

Es gibt diesen Typen auf Youtube, der humorige Prompts schreibt und sie dann von KI vortragen lässt.

All diese Beispiele sind, wenn vielleicht hier und da einen Schmunzler wert, allem voran aber meiner Meinung nach: creepy und dystopisch. Super! Ich hoffe nämlich sehr, dass es sich innerhalb meiner Zeit auf diesem ramponierten Planeten nicht ändern wird, dass es einem, außer in seltenen Fällen der Objektophilie, widerstrebt, sympathische Gefühle mit Humanoiden zu teilen.

Weil Humor von Ausnahmen, Nuancen, Subtilität, Kontext und von echten Personen lebt (nicht einmal Sigmund Freud hat’s geschafft, das ganze auf Genitalien zu reduzieren), wird die KI immer nur ein Werkzeug bleiben, dem es an menschlichem Urteilsvermögen fehlt. KI-Humor wird bestimmt seine Nische finden – und dann aber da bleiben.

“Pointen sind scheue Wesen.”

" Kurt Waldheim, ein Pferd und die SA. Wenn das kein Witz ist" Paul Jandl, NZZ

Komisch: ChatGPT nicht wirklich lustig

Wenn ich als Texterin nun darum bitte, dass ChatGPT mir ein Gedicht über die verbotene Liebe eines drogenabhängigen Kammerjägers und eines Jetpiloten mit rechts-links Schwäche schreibt, dann lebt das mögliche Ergebnis von meiner Idee.

Wenn man ChatGPT bittet, den Job menschlicher Kreativität zu übernehmen, dann besitzt das ungefähr die Pointenstärke von Kindern, die dir einen selbst ausgedachten Witz in Echtzeit brainstormen: Irgendwie wird schon eine humorgeprimte Situation hergestellt, aber es zündet einfach nicht. Und ChatGPT kann dann auch nicht einfach anfangen zu popeln, um das Eis trotzdem zu brechen.

So wie ein guter Witz uns eiskalt erwischt, weil er mit gelernten Erwartungen bricht, sind die Ergebnisse aus ChatGPT in Rahmen meiner Experimente mit dem Gefühl zu vergleichen, das erste Stück einer Mandarine zu essen, die entgegen ihrer spritzig-fruchtigen Erscheinung nach dem Wasser vorne in der Waschmaschinenmanschette schmeckt.

Menschelnde Maschinen und künstlicher Humor

Lieber Tim,

um Dir Deine Frage zu beantworten: Es ist eben nur ein Sprachmodell. Vielleicht werde ich mir in ein paar Jahren, kurz nach meiner Umschulung (zur Bestatterin, gestorben wird schließlich immer), diesen Text von Alexa vorlesen lassen und denken: Menno. Das war ja alles nur defensives Whishful Thinking. Humor Generation ist nämlich, wenn auch aktuell kein dickes, aber ein Ding an dem geforscht wird. Und es gibt KI’s, denen wird versucht, (frag mich nicht, wie), gesunden Menschenverstand beizubringen

Ich bin gespannt. Noch bin ich ganz zuversichtlich, dass die Server einer derart riesigen Datenmenge, die für eine so komplexe Angelegenheit notwendig wären, rechtzeitig von Klimaterroristen abgefackelt werden. Und dass es einfach bis auf Weiteres die lohnendere Human Experience bleibt, wenn beim Thema KI-Humor Schluss mit lustig ist.

Nachtrag: Was habe ich mit KI gemeinsam?

Wir lernen beide ständig dazu, und zwar dank des wunderbaren Internets...

Nach der ersten Veröffentlichung dieses Beitrags vor ca. 1 Woche (heute schreiben wir den 15.11.23), wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass sich meine Informationen ja nur auf das öffentliche zugängliche, kostenfreie ChatGPT3.5 beziehen. Okay okay, ne alte Frau ist halt kein D-Zug.

In dem aktuellsten Modell GPT4, dass bereits seit März verfügbar ist (wenn auch nicht so ganz ohne Umwege kostenfrei), ist das Niveau an Humorverständnis in der Tat ein höheres, als die 25 Witze in der von mir zitierten Studie.

In diesem Video bei Minute 7.03 wird das veranschaulicht. (Das Video ist allerdings auch fast schon einen ganzen Monat alt ...)

Neues Fazit? Ich würde sagen:

1. "Nicht ganz so dumm" ist immer noch nicht schlau.

2. Je länger ich mich damit beschäftige, Witze zu erklären, desto lamer wird das Thema.

3. Es gibt so viele Szenarien, wo die Reise hingehen kann. Nicht einmal die richtigen Cracks können irgendwelche Prognosen erstellen, was passieren wird. Auch denen bleibt offensichtlich nicht viel, außer zu hoffen, das es etwas Gutes ist.

Okay, da geh ich mit.


AI wie ChatGPT und andere Sprachmodelle (Large Language Models) können ganz schön viel – vor allem Angst und Schrecken unter Arbeitnehmern verbreiten. Aber wie bei der FDP stehen die Future Moneymachines trotz Big Data ziemlich dumm da, wenn es darum geht, Emotionen glaubhaft zu transportieren oder zu erreichen, dass es was zu lachen gibt – außer für sie selbst in irgendwelchen Server-Kellern. Ich habe mir deswegen mal angeschaut, wie es momentan aussieht im spannenden Spannungsfeld: Humor und künstliche Intelligenz (KI) .

Was passiert, wenn ChatGPT einen Witz erzählen soll?

Was ist überhaupt ein Witz?

Was ist witzig?

Gesunder KI-Verstand?

Experimente mit KI und Humor

Fazit

Ich war neulich auf Bumble, (das ist eine Dating-App). Da gibt es neben der offensichtlichen Dating-Option unter anderem auch die Möglichkeit, auf Business-Kontaktsuche umschalten: von Bumble Date auf Bumble Bizz. Da ein Hamburger-Menü bei mir in der Regel reicht, um eine strikte Trennung von Privatem und Beruflichem aufzuheben, habe ich natürlich gleich mal draufgeklickt und reingeschaut.

Nicht wirklich wissend, wie unseriös es eigentlich in meinem Leben noch werden kann, habe ich aber schließlich mit einem zufällig gut aussehenden Grafikdesigner gebumblebizzmatcht. Seine erste Frage: Wie sich denn die Stimmung in meinem Arbeitsbereich in Zeiten von KI wie ChatGPT gestaltet. Danke der Nachfrage, Tim. Die Stimmung ist gut bei den Li-La-Launebären des Marketings.

Natürlich ist Tim nicht der erste Mensch, der mir diese Frage stellt. Der erste Mensch war ich selbst – und es war ein gutes Gespräch. Denn auch wenn die Zukunft der Packungsbeilagen-Texter, Ghostwriter für Bachelorarbeiten und Infobroschürenverfasser vielleicht düster aussehen mag: Ich habe da noch ein Ass im Ärmel.

ChatGPT: Alte Witze, schlecht erzählt

Ist künstliche Intelligenz in der Lage, Humor zu generieren? Die Antwort lautet: Ja. Also genauso, wie ein Witzebuch oder ein Bildzeitungsleser irgendwelche mehr oder weniger gelungenen Pointen reproduzieren kann. Also Witze machen im Sinne von: einen Witz erzählen, das ist drin. Um ganz genau zu sein, kennt ChatGPT 3 momentan sage und schreibe 25 Stück davon.

Forschende aus Darmstadt und Köln haben ein Paper mit dem Namen “ChatGPT is fun, but it is not funny!” veröffentlicht. Darin legen sie die Ergebnisse einer Studie dar, in der sie untersucht haben, was passiert, wenn man ChatGPT bittet, mal einen rauszuhauen. Das Ergebnis: Die KI erzählte 1008 Mal die gleichen 25 Witze in abgewandelter Form – manchmal mit komplett ruinierter Pointe und immer im Rahmen einer Frage-Antwort-Mechanik. So wird dann aus den Klassikern

Why did the chicken cross the road?

To get to the other side.

und

Why did the cow go to outer space?

To see the moooon.

das hier:

Why did the chicken go to outer space?

To see the moon.

Belastend, wie Susanne Daubner sagen würde.

Jetzt könnte man die Sache natürlich so drehen und sagen: Der Witz ist so schlecht, dass er, in dem Kontext, schon irgendwie lustig ist. Meinetwegen. Künstliche Intelligenz wegen ihrer Inkompetenz auszulachen, damit kann ich (weiter) arbeiten.

Suchanfrage: Wo ist der Witz?

Dass die Geschmäcker in Sachen Humor auseinandergehen, ist klar. Alter, Sozialisierung, Bildung, Geschlecht und andere Faktoren beeinflussen, über welche Themen, und ob wir beispielsweise eher über Ironie, Schadenfreude, Wortwitze, bildlichen Humor oder auch stumpfes Stereotypen-Bashing lachen.

Ob ein Witz funktioniert, ist aber so gut wie immer abhängig vom Element of Surprise in einem vertrauten Kontext. Ein nicht vorhersehbarer Bruch mit Erwartungen, Vernunft, Normen oder Logik.

Und das Huhn auf dem Mond? Unerwartet, unlogisch, unwahrscheinlich: Erfüllt irgendwie wie schon ein paar Kategorien. Und ist trotzdem einfach nicht lustig. Denn: Die Regeln der Kunst sind bei Humor häufig die Ausnahme.

Kennst Du den schon?

“Ein Mantafahrer fährt rückwärts einen Berg hoch. Ein Polizist hält ihn an und fragt, was das soll. Da sagt der Mantafahrer: "Da oben wohnt meine Perle und die hat gesagt, da wäre kein Platz zum wenden. Deswegen fahr ich schon mal rückwärts rauf, dann kann ich vorwärts wieder runterfahren." Nach zwei Stunden sieht der Polizist den Mantafahrer den Berg hinunterfahren, wieder rückwärts. Auf die erneute Nachfrage sagt der Mantafahrer: "Meine Perle hat mich verarscht, da konnte man doch wenden!"

Mal abgesehen von den blöden Klischees: Auch unerwartet, unlogisch, unwahrscheinlich - aber schon lustiger, als das Spacehühnchen. Finde ich. Aber warum?

Was macht einen Witz witzig?

Humor ist, unter vielen Aspekten, kulturell und komplex. Beides zeigt sich ganz wunderbar beispielhaft in Tatsache, dass ein Deutsches Institut für Humor existiert. Während wir das vielleicht höchstens ein bisschen überflüssig finden, würde sich ein britisches Publikum wahrscheinlich direkt einpinkeln vor Lachen.

Wie der Spacechicken / Mantafahrer Vergleich zeigt: Selbst die Funktionsweise des geplanten, reproduzierenden Erzählwitzes lässt sich nicht wirklich objektiv so richtig aufschlüsseln. Um jetzt außerhalb dessen, also quasi in der freien Marktwirtschaft des Humors, einen Joke zu landen, also witzig zu sein, muss deutlich mehr Aufwand betrieben werden. Es handelt sich dabei um ein wesentlich kreativeres, situatives und empathisches Phänomen. Mimik, Wortwahl oder der Feuilleton: Die exakt gleiche Aussage kann mindestens 1008 verschiedene Beigeschmäcker bekommen, je nach äußeren Umständen.

Man könnte also sagen: It’s complicated, das sagt auch die Wissenschaft. Was hingegen jeder weiß: Gekonnt angewendet Humor, der bei einer bestimmten Gruppe den Nerv trifft, ein mächtiges Instrument. So mächtig, dass es zu heftigen körperlichen Reaktion führen kann.

Kleiner Exkurs: Was passiert eigentlich, wenn wir lachen?

Ihr wisst schon: Wenns richtig dicke kommt, entgleitet einem alles. Man muss sich wegdrehen, vorbeugen oder die Hand vors Gesicht halten. Tränen laufen aus den Augen, das Bier durch die Nase, manchmal kommt es zu unkontrollierten Tiergeräuschen oder atemloser Stille. Was unser Bewusstsein und unser Körper in diesem Moment erleben, ist so etwas wie eine kleine Paralyse, ein Schockzustand. Was uns schockt? Das Element of Surprise! Diese Zäsur in unserer Wahrnehmung durch unerfüllte Erwartungen füllt unser Gehirn mit einem “metaphysischen Niesen” – so nennt es Nuar Alsadir in ihrem Buch “Animal Joy”. Das ist das Lachen, anders als das soziale “Haha”, bei dem die Überraschung, warum auch immer, geglückt ist.

Exkurs-Sidenote: Es gibt in der Theatersprache den Begriff “Corpsing”. Der beschreibt genau dieses Phänomen des Kontrollverlustes, ein psychologischer Glitch – allerdings bei Schauspielern im schlimmsten Moment – wenn sie gerade eine Leiche (also einen Corpse) spielen. Wer, wie ich, schon einmal einen Lachkrampf in einer Schweigeminute hatte, weiß Bescheid.

KI und Zwischentöne: Topfschlagen im Minenfeld

Was auch immer diese Reaktion, also das echte Lachen, bei einer Person auslöst (menschenfeindlicher und diskriminierender Bullshit mal ausgenommen): Lachen ist ja erst einmal voll schön – und ich will mich auch überhaupt nicht jovial darüber äußern, was der Humor über eine Person aussagt.

Ich lache zum Beispiel auch gern über Deine-Mutter-Witze. Aber anders als jemand, der wirklich irgendjemandes Mutter beleidigen will. Ich lache darüber, wie profan es ist, ihn als rhetorisches Mittel zu nutzen und jemanden damit in eine unterlegene Position zu herabsetzen zu wollen, indem man sich in der Regel, völlig frei, eine Adipositas der Mutter ausdenkt, die folglich nicht den Schönheitsnormen entspricht und deshalb auf der Toilette schwitzt. (Aber ich hab ja auch einen Bachelor (of Arts!) und bin ziemlich Meta unterwegs.

Du, der oder die das gerade lesen, hoffentlich auch.)

Das alles bringt mich zu meinem nächsten sehr wichtigen Punkt. Die Mechanik eines Witzes mal dahingestellt – es ist oft enorm relevant, wer den Witz macht und wer lacht. Wenn ich, Melanie Wildt, mich beispielsweise in meiner ganzen weiß-privilegierten Pracht auf eine Bühne stellen würde, und ein Comedyprogramm über People of Colour von Dave Chapelle zum Besten geben würde, würden auch einige lachen – aber nicht die Gleichen und aus anderen Gründen. Einige bestimmt, weil ich dann bis ans Ende meines Lebens eine Brille mit Nase und Bart tragen müsste.

Und jetzt auch das noch: Das Internet als primäre Datenquelle. Rassismus, Sexismus, Dummheit oder einfach ein künstlicher Mangel an Feingefühl: Es lässt sich nur erahnen, wie brenzlig hoch das Fuck-Up Potential bei KI-generierten Texten ist, die lustig sein sollen.

Humor und künstliche Intelligenz (KI): Oh, absurdes Internet

Wir halten fest: Wenn es darum geht, Humor zu systematisieren, gibt es nicht viel zum Festzuhalten. Und das wiederum ist eine ganz schwierige Datenlage. Und schwierige Datenlagen sind für KI’s natürlich ein Problem.

Das heißt nicht, dass es nicht versucht wurde:

Es gibt ein komplett KI-generiertes Comedy Programm, also ein Avatar, das language-gemodelte Jokes vorträgt.

Es gibt ein New Yorker Comedy Ensemble, das sich ganz viel Mühe gibt, sich von einem Jerry Seinfeld-Bot “roasten” zu lassen.

Es gibt einen humanoiden Roboter namens Erica, der gelernt hat, mit einzustimmen, wenn das humane Gegenüber lacht.

Es gibt diesen Typen auf Youtube, der humorige Prompts schreibt und sie dann von KI vortragen lässt.

All diese Beispiele sind, wenn vielleicht hier und da einen Schmunzler wert, allem voran aber meiner Meinung nach: creepy und dystopisch. Super! Ich hoffe nämlich sehr, dass es sich innerhalb meiner Zeit auf diesem ramponierten Planeten nicht ändern wird, dass es einem, außer in seltenen Fällen der Objektophilie, widerstrebt, sympathische Gefühle mit Humanoiden zu teilen.

Weil Humor von Ausnahmen, Nuancen, Subtilität, Kontext und von echten Personen lebt (nicht einmal Sigmund Freud hat’s geschafft, das ganze auf Genitalien zu reduzieren), wird die KI immer nur ein Werkzeug bleiben, dem es an menschlichem Urteilsvermögen fehlt. KI-Humor wird bestimmt seine Nische finden – und dann aber da bleiben.

“Pointen sind scheue Wesen.”

" Kurt Waldheim, ein Pferd und die SA. Wenn das kein Witz ist" Paul Jandl, NZZ

Komisch: ChatGPT nicht wirklich lustig

Wenn ich als Texterin nun darum bitte, dass ChatGPT mir ein Gedicht über die verbotene Liebe eines drogenabhängigen Kammerjägers und eines Jetpiloten mit rechts-links Schwäche schreibt, dann lebt das mögliche Ergebnis von meiner Idee.

Wenn man ChatGPT bittet, den Job menschlicher Kreativität zu übernehmen, dann besitzt das ungefähr die Pointenstärke von Kindern, die dir einen selbst ausgedachten Witz in Echtzeit brainstormen: Irgendwie wird schon eine humorgeprimte Situation hergestellt, aber es zündet einfach nicht. Und ChatGPT kann dann auch nicht einfach anfangen zu popeln, um das Eis trotzdem zu brechen.

So wie ein guter Witz uns eiskalt erwischt, weil er mit gelernten Erwartungen bricht, sind die Ergebnisse aus ChatGPT in Rahmen meiner Experimente mit dem Gefühl zu vergleichen, das erste Stück einer Mandarine zu essen, die entgegen ihrer spritzig-fruchtigen Erscheinung nach dem Wasser vorne in der Waschmaschinenmanschette schmeckt.

Menschelnde Maschinen und künstlicher Humor

Lieber Tim,

um Dir Deine Frage zu beantworten: Es ist eben nur ein Sprachmodell. Vielleicht werde ich mir in ein paar Jahren, kurz nach meiner Umschulung (zur Bestatterin, gestorben wird schließlich immer), diesen Text von Alexa vorlesen lassen und denken: Menno. Das war ja alles nur defensives Whishful Thinking. Humor Generation ist nämlich, wenn auch aktuell kein dickes, aber ein Ding an dem geforscht wird. Und es gibt KI’s, denen wird versucht, (frag mich nicht, wie), gesunden Menschenverstand beizubringen

Ich bin gespannt. Noch bin ich ganz zuversichtlich, dass die Server einer derart riesigen Datenmenge, die für eine so komplexe Angelegenheit notwendig wären, rechtzeitig von Klimaterroristen abgefackelt werden. Und dass es einfach bis auf Weiteres die lohnendere Human Experience bleibt, wenn beim Thema KI-Humor Schluss mit lustig ist.

Nachtrag: Was habe ich mit KI gemeinsam?

Wir lernen beide ständig dazu, und zwar dank des wunderbaren Internets...

Nach der ersten Veröffentlichung dieses Beitrags vor ca. 1 Woche (heute schreiben wir den 15.11.23), wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass sich meine Informationen ja nur auf das öffentliche zugängliche, kostenfreie ChatGPT3.5 beziehen. Okay okay, ne alte Frau ist halt kein D-Zug.

In dem aktuellsten Modell GPT4, dass bereits seit März verfügbar ist (wenn auch nicht so ganz ohne Umwege kostenfrei), ist das Niveau an Humorverständnis in der Tat ein höheres, als die 25 Witze in der von mir zitierten Studie.

In diesem Video bei Minute 7.03 wird das veranschaulicht. (Das Video ist allerdings auch fast schon einen ganzen Monat alt ...)

Neues Fazit? Ich würde sagen:

1. "Nicht ganz so dumm" ist immer noch nicht schlau.

2. Je länger ich mich damit beschäftige, Witze zu erklären, desto lamer wird das Thema.

3. Es gibt so viele Szenarien, wo die Reise hingehen kann. Nicht einmal die richtigen Cracks können irgendwelche Prognosen erstellen, was passieren wird. Auch denen bleibt offensichtlich nicht viel, außer zu hoffen, das es etwas Gutes ist.

Okay, da geh ich mit.


AI wie ChatGPT und andere Sprachmodelle (Large Language Models) können ganz schön viel – vor allem Angst und Schrecken unter Arbeitnehmern verbreiten. Aber wie bei der FDP stehen die Future Moneymachines trotz Big Data ziemlich dumm da, wenn es darum geht, Emotionen glaubhaft zu transportieren oder zu erreichen, dass es was zu lachen gibt – außer für sie selbst in irgendwelchen Server-Kellern. Ich habe mir deswegen mal angeschaut, wie es momentan aussieht im spannenden Spannungsfeld: Humor und künstliche Intelligenz (KI) .

Was passiert, wenn ChatGPT einen Witz erzählen soll?

Was ist überhaupt ein Witz?

Was ist witzig?

Gesunder KI-Verstand?

Experimente mit KI und Humor

Fazit

Ich war neulich auf Bumble, (das ist eine Dating-App). Da gibt es neben der offensichtlichen Dating-Option unter anderem auch die Möglichkeit, auf Business-Kontaktsuche umschalten: von Bumble Date auf Bumble Bizz. Da ein Hamburger-Menü bei mir in der Regel reicht, um eine strikte Trennung von Privatem und Beruflichem aufzuheben, habe ich natürlich gleich mal draufgeklickt und reingeschaut.

Nicht wirklich wissend, wie unseriös es eigentlich in meinem Leben noch werden kann, habe ich aber schließlich mit einem zufällig gut aussehenden Grafikdesigner gebumblebizzmatcht. Seine erste Frage: Wie sich denn die Stimmung in meinem Arbeitsbereich in Zeiten von KI wie ChatGPT gestaltet. Danke der Nachfrage, Tim. Die Stimmung ist gut bei den Li-La-Launebären des Marketings.

Natürlich ist Tim nicht der erste Mensch, der mir diese Frage stellt. Der erste Mensch war ich selbst – und es war ein gutes Gespräch. Denn auch wenn die Zukunft der Packungsbeilagen-Texter, Ghostwriter für Bachelorarbeiten und Infobroschürenverfasser vielleicht düster aussehen mag: Ich habe da noch ein Ass im Ärmel.

ChatGPT: Alte Witze, schlecht erzählt

Ist künstliche Intelligenz in der Lage, Humor zu generieren? Die Antwort lautet: Ja. Also genauso, wie ein Witzebuch oder ein Bildzeitungsleser irgendwelche mehr oder weniger gelungenen Pointen reproduzieren kann. Also Witze machen im Sinne von: einen Witz erzählen, das ist drin. Um ganz genau zu sein, kennt ChatGPT 3 momentan sage und schreibe 25 Stück davon.

Forschende aus Darmstadt und Köln haben ein Paper mit dem Namen “ChatGPT is fun, but it is not funny!” veröffentlicht. Darin legen sie die Ergebnisse einer Studie dar, in der sie untersucht haben, was passiert, wenn man ChatGPT bittet, mal einen rauszuhauen. Das Ergebnis: Die KI erzählte 1008 Mal die gleichen 25 Witze in abgewandelter Form – manchmal mit komplett ruinierter Pointe und immer im Rahmen einer Frage-Antwort-Mechanik. So wird dann aus den Klassikern

Why did the chicken cross the road?

To get to the other side.

und

Why did the cow go to outer space?

To see the moooon.

das hier:

Why did the chicken go to outer space?

To see the moon.

Belastend, wie Susanne Daubner sagen würde.

Jetzt könnte man die Sache natürlich so drehen und sagen: Der Witz ist so schlecht, dass er, in dem Kontext, schon irgendwie lustig ist. Meinetwegen. Künstliche Intelligenz wegen ihrer Inkompetenz auszulachen, damit kann ich (weiter) arbeiten.

Suchanfrage: Wo ist der Witz?

Dass die Geschmäcker in Sachen Humor auseinandergehen, ist klar. Alter, Sozialisierung, Bildung, Geschlecht und andere Faktoren beeinflussen, über welche Themen, und ob wir beispielsweise eher über Ironie, Schadenfreude, Wortwitze, bildlichen Humor oder auch stumpfes Stereotypen-Bashing lachen.

Ob ein Witz funktioniert, ist aber so gut wie immer abhängig vom Element of Surprise in einem vertrauten Kontext. Ein nicht vorhersehbarer Bruch mit Erwartungen, Vernunft, Normen oder Logik.

Und das Huhn auf dem Mond? Unerwartet, unlogisch, unwahrscheinlich: Erfüllt irgendwie wie schon ein paar Kategorien. Und ist trotzdem einfach nicht lustig. Denn: Die Regeln der Kunst sind bei Humor häufig die Ausnahme.

Kennst Du den schon?

“Ein Mantafahrer fährt rückwärts einen Berg hoch. Ein Polizist hält ihn an und fragt, was das soll. Da sagt der Mantafahrer: "Da oben wohnt meine Perle und die hat gesagt, da wäre kein Platz zum wenden. Deswegen fahr ich schon mal rückwärts rauf, dann kann ich vorwärts wieder runterfahren." Nach zwei Stunden sieht der Polizist den Mantafahrer den Berg hinunterfahren, wieder rückwärts. Auf die erneute Nachfrage sagt der Mantafahrer: "Meine Perle hat mich verarscht, da konnte man doch wenden!"

Mal abgesehen von den blöden Klischees: Auch unerwartet, unlogisch, unwahrscheinlich - aber schon lustiger, als das Spacehühnchen. Finde ich. Aber warum?

Was macht einen Witz witzig?

Humor ist, unter vielen Aspekten, kulturell und komplex. Beides zeigt sich ganz wunderbar beispielhaft in Tatsache, dass ein Deutsches Institut für Humor existiert. Während wir das vielleicht höchstens ein bisschen überflüssig finden, würde sich ein britisches Publikum wahrscheinlich direkt einpinkeln vor Lachen.

Wie der Spacechicken / Mantafahrer Vergleich zeigt: Selbst die Funktionsweise des geplanten, reproduzierenden Erzählwitzes lässt sich nicht wirklich objektiv so richtig aufschlüsseln. Um jetzt außerhalb dessen, also quasi in der freien Marktwirtschaft des Humors, einen Joke zu landen, also witzig zu sein, muss deutlich mehr Aufwand betrieben werden. Es handelt sich dabei um ein wesentlich kreativeres, situatives und empathisches Phänomen. Mimik, Wortwahl oder der Feuilleton: Die exakt gleiche Aussage kann mindestens 1008 verschiedene Beigeschmäcker bekommen, je nach äußeren Umständen.

Man könnte also sagen: It’s complicated, das sagt auch die Wissenschaft. Was hingegen jeder weiß: Gekonnt angewendet Humor, der bei einer bestimmten Gruppe den Nerv trifft, ein mächtiges Instrument. So mächtig, dass es zu heftigen körperlichen Reaktion führen kann.

Kleiner Exkurs: Was passiert eigentlich, wenn wir lachen?

Ihr wisst schon: Wenns richtig dicke kommt, entgleitet einem alles. Man muss sich wegdrehen, vorbeugen oder die Hand vors Gesicht halten. Tränen laufen aus den Augen, das Bier durch die Nase, manchmal kommt es zu unkontrollierten Tiergeräuschen oder atemloser Stille. Was unser Bewusstsein und unser Körper in diesem Moment erleben, ist so etwas wie eine kleine Paralyse, ein Schockzustand. Was uns schockt? Das Element of Surprise! Diese Zäsur in unserer Wahrnehmung durch unerfüllte Erwartungen füllt unser Gehirn mit einem “metaphysischen Niesen” – so nennt es Nuar Alsadir in ihrem Buch “Animal Joy”. Das ist das Lachen, anders als das soziale “Haha”, bei dem die Überraschung, warum auch immer, geglückt ist.

Exkurs-Sidenote: Es gibt in der Theatersprache den Begriff “Corpsing”. Der beschreibt genau dieses Phänomen des Kontrollverlustes, ein psychologischer Glitch – allerdings bei Schauspielern im schlimmsten Moment – wenn sie gerade eine Leiche (also einen Corpse) spielen. Wer, wie ich, schon einmal einen Lachkrampf in einer Schweigeminute hatte, weiß Bescheid.

KI und Zwischentöne: Topfschlagen im Minenfeld

Was auch immer diese Reaktion, also das echte Lachen, bei einer Person auslöst (menschenfeindlicher und diskriminierender Bullshit mal ausgenommen): Lachen ist ja erst einmal voll schön – und ich will mich auch überhaupt nicht jovial darüber äußern, was der Humor über eine Person aussagt.

Ich lache zum Beispiel auch gern über Deine-Mutter-Witze. Aber anders als jemand, der wirklich irgendjemandes Mutter beleidigen will. Ich lache darüber, wie profan es ist, ihn als rhetorisches Mittel zu nutzen und jemanden damit in eine unterlegene Position zu herabsetzen zu wollen, indem man sich in der Regel, völlig frei, eine Adipositas der Mutter ausdenkt, die folglich nicht den Schönheitsnormen entspricht und deshalb auf der Toilette schwitzt. (Aber ich hab ja auch einen Bachelor (of Arts!) und bin ziemlich Meta unterwegs.

Du, der oder die das gerade lesen, hoffentlich auch.)

Das alles bringt mich zu meinem nächsten sehr wichtigen Punkt. Die Mechanik eines Witzes mal dahingestellt – es ist oft enorm relevant, wer den Witz macht und wer lacht. Wenn ich, Melanie Wildt, mich beispielsweise in meiner ganzen weiß-privilegierten Pracht auf eine Bühne stellen würde, und ein Comedyprogramm über People of Colour von Dave Chapelle zum Besten geben würde, würden auch einige lachen – aber nicht die Gleichen und aus anderen Gründen. Einige bestimmt, weil ich dann bis ans Ende meines Lebens eine Brille mit Nase und Bart tragen müsste.

Und jetzt auch das noch: Das Internet als primäre Datenquelle. Rassismus, Sexismus, Dummheit oder einfach ein künstlicher Mangel an Feingefühl: Es lässt sich nur erahnen, wie brenzlig hoch das Fuck-Up Potential bei KI-generierten Texten ist, die lustig sein sollen.

Humor und künstliche Intelligenz (KI): Oh, absurdes Internet

Wir halten fest: Wenn es darum geht, Humor zu systematisieren, gibt es nicht viel zum Festzuhalten. Und das wiederum ist eine ganz schwierige Datenlage. Und schwierige Datenlagen sind für KI’s natürlich ein Problem.

Das heißt nicht, dass es nicht versucht wurde:

Es gibt ein komplett KI-generiertes Comedy Programm, also ein Avatar, das language-gemodelte Jokes vorträgt.

Es gibt ein New Yorker Comedy Ensemble, das sich ganz viel Mühe gibt, sich von einem Jerry Seinfeld-Bot “roasten” zu lassen.

Es gibt einen humanoiden Roboter namens Erica, der gelernt hat, mit einzustimmen, wenn das humane Gegenüber lacht.

Es gibt diesen Typen auf Youtube, der humorige Prompts schreibt und sie dann von KI vortragen lässt.

All diese Beispiele sind, wenn vielleicht hier und da einen Schmunzler wert, allem voran aber meiner Meinung nach: creepy und dystopisch. Super! Ich hoffe nämlich sehr, dass es sich innerhalb meiner Zeit auf diesem ramponierten Planeten nicht ändern wird, dass es einem, außer in seltenen Fällen der Objektophilie, widerstrebt, sympathische Gefühle mit Humanoiden zu teilen.

Weil Humor von Ausnahmen, Nuancen, Subtilität, Kontext und von echten Personen lebt (nicht einmal Sigmund Freud hat’s geschafft, das ganze auf Genitalien zu reduzieren), wird die KI immer nur ein Werkzeug bleiben, dem es an menschlichem Urteilsvermögen fehlt. KI-Humor wird bestimmt seine Nische finden – und dann aber da bleiben.

“Pointen sind scheue Wesen.”

" Kurt Waldheim, ein Pferd und die SA. Wenn das kein Witz ist" Paul Jandl, NZZ

Komisch: ChatGPT nicht wirklich lustig

Wenn ich als Texterin nun darum bitte, dass ChatGPT mir ein Gedicht über die verbotene Liebe eines drogenabhängigen Kammerjägers und eines Jetpiloten mit rechts-links Schwäche schreibt, dann lebt das mögliche Ergebnis von meiner Idee.

Wenn man ChatGPT bittet, den Job menschlicher Kreativität zu übernehmen, dann besitzt das ungefähr die Pointenstärke von Kindern, die dir einen selbst ausgedachten Witz in Echtzeit brainstormen: Irgendwie wird schon eine humorgeprimte Situation hergestellt, aber es zündet einfach nicht. Und ChatGPT kann dann auch nicht einfach anfangen zu popeln, um das Eis trotzdem zu brechen.

So wie ein guter Witz uns eiskalt erwischt, weil er mit gelernten Erwartungen bricht, sind die Ergebnisse aus ChatGPT in Rahmen meiner Experimente mit dem Gefühl zu vergleichen, das erste Stück einer Mandarine zu essen, die entgegen ihrer spritzig-fruchtigen Erscheinung nach dem Wasser vorne in der Waschmaschinenmanschette schmeckt.

Menschelnde Maschinen und künstlicher Humor

Lieber Tim,

um Dir Deine Frage zu beantworten: Es ist eben nur ein Sprachmodell. Vielleicht werde ich mir in ein paar Jahren, kurz nach meiner Umschulung (zur Bestatterin, gestorben wird schließlich immer), diesen Text von Alexa vorlesen lassen und denken: Menno. Das war ja alles nur defensives Whishful Thinking. Humor Generation ist nämlich, wenn auch aktuell kein dickes, aber ein Ding an dem geforscht wird. Und es gibt KI’s, denen wird versucht, (frag mich nicht, wie), gesunden Menschenverstand beizubringen

Ich bin gespannt. Noch bin ich ganz zuversichtlich, dass die Server einer derart riesigen Datenmenge, die für eine so komplexe Angelegenheit notwendig wären, rechtzeitig von Klimaterroristen abgefackelt werden. Und dass es einfach bis auf Weiteres die lohnendere Human Experience bleibt, wenn beim Thema KI-Humor Schluss mit lustig ist.

Nachtrag: Was habe ich mit KI gemeinsam?

Wir lernen beide ständig dazu, und zwar dank des wunderbaren Internets...

Nach der ersten Veröffentlichung dieses Beitrags vor ca. 1 Woche (heute schreiben wir den 15.11.23), wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass sich meine Informationen ja nur auf das öffentliche zugängliche, kostenfreie ChatGPT3.5 beziehen. Okay okay, ne alte Frau ist halt kein D-Zug.

In dem aktuellsten Modell GPT4, dass bereits seit März verfügbar ist (wenn auch nicht so ganz ohne Umwege kostenfrei), ist das Niveau an Humorverständnis in der Tat ein höheres, als die 25 Witze in der von mir zitierten Studie.

In diesem Video bei Minute 7.03 wird das veranschaulicht. (Das Video ist allerdings auch fast schon einen ganzen Monat alt ...)

Neues Fazit? Ich würde sagen:

1. "Nicht ganz so dumm" ist immer noch nicht schlau.

2. Je länger ich mich damit beschäftige, Witze zu erklären, desto lamer wird das Thema.

3. Es gibt so viele Szenarien, wo die Reise hingehen kann. Nicht einmal die richtigen Cracks können irgendwelche Prognosen erstellen, was passieren wird. Auch denen bleibt offensichtlich nicht viel, außer zu hoffen, das es etwas Gutes ist.

Okay, da geh ich mit.


Melanie Wildt / Freie Texterin und Autorin
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